Petrus und andere Heilige – Verkostung großer Bordeaux von 1981 bis 1990

Eine Verkostung großer Bordeaux, bei der ein Premier Grand Cru Classé von Château Lafite-Rotschild schlechtester Wein des Abends wird, erlebt man leider nicht allzu häufig. Die Kölner Weinrunde hatte zur Bordeauxprobe geladen und der Organisator des Abends hatte uns einige richtige Highlights aus seiner genialen Bordeauxsammlung mitgebracht. Verkostet wurden 13 große Bordeaux und dazu zwei „Piraten“ aus anderen Teilen der Welt, die sich bei früheren Tastings schon gegen die Spitze aus Bordeaux durchgesetzt haben sollen. Die Weine wurden „blind“ verkostet. Ein größerer Teil der angestellten 15 Weine war den Teilnehmern durch die Einladung bekannt, teilweise wurde aber noch kurzfristig der Jahrgang geändert und auch die Verkostungsreihenfolge war nicht bekannt.

1981er Château Lafite-Rothschild, Pauillac, Premier Grand Cru Classé
Dunkles Purpur, Kaffee, Paprika in der Nase, für einen 1er Bordeaux viel zu kurz.
Parker gibt 93 PP und schreibt von Potential bis 2025.
Wine-Spectator gab erst 90, dann 91 und zuletzt 88 WS
Rene Gabriel vergibt 17/20
Die Kölner Runde vergibt 84-88 Punkte
Von mir 85P (austrinken!)

1990er Château Tertre Roteboeuf, St. Emilion Grand Cru Classé
85% Merlot, 15% Cabernet Franc
Bräunliches Schwarz, Mokka, dunkle Beeren, feines Holz, reife Tannine, sehr lang. Bester Roteboeuf ever.
Parker gibt 98 PP
Wine-Spectator gab erst 83, dann 87 WS
Rene Gabriel vergibt 19/20
Die Kölner Runde vergibt 89-97 Punkte
95P (jetzt auf dem Höhepunkt)

1990er Château Figeac, St. Emilion, Premier Grand Cru Classé (B)
35% Cabernet Sauvignon, 35% Cabernet Franc, 30% Merlot
Leichte bräunliches Reflexe, reife Frucht von dunkle Beeren, Paprika, noch sehr kräftige Tannine.
Parker gibt 94 PP
Wine-Spectator gab erst 92, dann 90 WS
Rene Gabriel vergibt 18/20
Die Kölner Runde vergibt 89-93 Punkte
91P (trinken bis 2020)

1990er Château Canon Le Gaffelière, St. Emilion Grand Cru Classé
55% Merlot, 40% Cabernet Franc, 5% Cabernet Sauvignon
Granatrot, Leder, Tabak, Kaffee, rauchige Noten, dunkle Früchte, feine Fruchtsüße, milde Tannine und mit ausreichend Säure für viele weitere Jahre. Sehr langer Abgang. Ein Bordeaux-Meisterwerk des deutschen Grafen Stephan von Neipperg.
Parker gibt 92 PP
Wine-Spectator gab erst 95, dann 93 WS
Rene Gabriel vergibt 15/20
Die Kölner Runde vergibt 95-97 Punkte
96P (jetzt großartig – noch besser in 5-10 Jahren?)

1990er Château Troplong Mondot, St. Emilion Grand Cru Classé
85% Merlot, zusammen 15% Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc
Schwarz-braun, intensive Röstaromen, Kaffee, Teer, Marzipan, dunkle Früchte, erfrischende Säure, sehr filigran, minimale Bitternote. Einige in der Runde erinnert der Wein an große elegante Burgunder. Da ist sicher etwas dran.
Parker erhöht  im Juni 2009 auf 98 PP
Wine-Spectator gab erst 91 und sieht ihn heute bei 95 WS
Rene Gabriel vergibt 17/20
Die Kölner Runde vergibt 90-96 Punkte
94P (trinken bis 2025)

1990er Château Angelus, St. Emilion Premier Grand Cru Classé (B)
(war 1990 noch einfacher Grand Cru Classé)
Schwarz-braun, Tabak, Leder, Röstaromen, dunkle Schokolade, noch deutliche Fruchtnoten von Himbeere und Brombeeren, reife Tannine, sehr fein und elegant.
Parker gibt 96 PP
Wine-Spectator gab jung 93 WS und sieht das auch heute noch genau so.
Rene Gabriel vergibt 19/20
Die Kölner Runde vergibt 93-95 Punkte
95P (trinken)

1990er Dalla Valle Cabernet Sauvignon, Napa Valley
100% Cabernet Sauvignon
Sehr dunkles Purpur, anfangs ein Hauch von Lösungsmitteln, deutlich Eukalyptus, sehr konzentriertes Cassis und weitere dunkle Beeren, ein wenig Pflaume, schöne Säure, viel feines Tannin. Toller US-Cabernet.
Parker gibt 96 PP
Wine-Spectator gab jung 93 WS und kam auch Jahre später zum selben Ergebnis.
Die Kölner Runde vergibt 93-96 Punkte
95P (trinken bis 2020)

1990er Château Léoville-Barton, St. Julien, 2eme Grand Cru Classé
Mein Lieblingsweingut im Bordeaux, da es hier sehr oft geniale Qualität zu noch bezahlbaren Preisen gibt. Dunkelbraune Farbe (nicht ganz so dunkel wie erwartet), feine Hölzer, rauchige Noten, Kaffee, etwas Cassis,  ein Hauch dunkle Kirsche, elegant und durchaus lang – hätte aber auch noch a bisserl länger sein dürfen…
Parker gibt 94+ PP
Wine-Spectator gab erst 90 und heute 93 WS
Rene Gabriel vergibt 18/20
Die Kölner Runde vergibt 92-96 Punkte
93P (trinken bis 2020)

1989er Château Palmer, Margaux, 3eme Grand Cru Classé
Dunkles Purpur, Kirsch, Cassis, Kaffee, Tabak, Pfeffer, wirkt einerseits noch ziemlich jung, andererseits baut er im Glas – also an der Luft – leider zu schnell ab.
Parker gibt 95 PP
Wine-Spectator gab erst 95, dann 93 und gerade ganz aktuell 92 WS
Rene Gabriel vergibt 20/20
Die Kölner Runde vergibt 89-94 Punkte
92P (Wiedervorlage in 4-5 Jahren)

1989er Château Pichon Longueville Baron, Pauillac, 2eme Grand Cru Classé
Dunkelbraun, feine Hölzer, Leder, Teer, rote Beeren, dichte Tannine, edel, sehr lang.
Parker gibt 95+ PP
Wine-Spectator gab die ersten drei Mal 98, vor wenigen Wochen nun 95 WS, erwartet aber ein Wiederöffnen des Weins in 5-6 Jahren.
Rene Gabriel vergibt 17/20
Die Kölner Runde vergibt 95-97 Punkte
95P (trinken von 2015-2030)

1990er Château Montrose, St. Estèphe, 2eme Grand Cru Classé
Dunkles Purpur, Noten von Tabak, Cassis und anderen dunklen Früchten, unglaublich dicht und komplex. Der beste Wein des Abends! Dies war das zweite Mal, dass ich diesen genialen Wein probieren konnte. Beim ersten Mal habe ich 100P vergeben. Diese Flasche ist nur minimal schwächer.
Parker gibt 100 PP
Wine-Spectator gab erst 94, dann 92 & 89 und zuletzt wieder 94 WS
Rene Gabriel vergibt 20/20
Die Kölner Runde vergibt 97+ bis  100 Punkte
98P (trinken bis 2030)

1988er Château Musar, Libanon
Ca. 66% Cabernet Sauvignon, der Rest Cinsault und ein wenig Syrah.
Die Weinberge für diesen Wein liegen auf ca. 1.000 Meter im Bekaa Valley und während der 1988er Jahrgang ausgebaut wurde und reifte, fanden hunderte Flüchtlinge wegen des Libanesischen Bürgerkriegs Zuflucht in den tiefen Kellern von Château Musar. Der Top-Wein von Château Musar soll als Pirat bei früheren Bordeaux-Verkostungen schon große Namen hinter sich gelassen haben. Die heutige Flasche stammte aus des Weinkaisers Keller, hatte aber keine echte Chance.
Recht helle rot-bräunliche Farbe, deutliche Alterssüße, weihnachtliche Gewürze, die 14% Vol. gut eingebunden, passt vor allem zu orientalischen Speisen.
Die Kölner Runde vergibt 85-89 Punkte
89P (trinken bis 2020)

1988er Château Clinet, Pomerol
75% Merlot, 15% Cabernet Sauvignon, 10% Cabernet Franc
sattes dunkelrot, altes Holz, Tabak, Schokolade, Pflaumen, sehr langer Abgang.
Parker gibt 90 PP
Wine-Spectator gab erst 92, dann 93 WS
Rene Gabriel vergibt 18/20
Die Kölner Runde vergibt 93-97 Punkte
95P (jetzt auf dem Höhepunkt – trinken!)

1989er Château Clinet, Pomerol
75% Merlot, 15% Cabernet Sauvignon, 10% Cabernet Franc
Parker gab erst 94 und erhöhte später auf 99 und 100 PP: „Das Aroma entströmt dem Glas mit reintönigen Düften von Blumen, schwarzen Himbeeren, Johannisbeeren, Vanillin und Trüffeln. Die Süße seiner Frucht, seine vielschichtige Geschmacksfülle im Verein mit bemerkenswerter Substanz bilden den Stoff für Legenden. Der körperreiche, nahtlos gefügte 1989er mit seiner fabelhaften Konzentration und massiven Fülle, dabei ohne jede Schwere oder Schwerfälligkeit, ist einer der profundesten Jungweine, die ich je verkostet habe.“
Wine-Spectator gibt 89 WS
Rene Gabriel vergibt 15/20
KORK !

Um an dieser Stelle den offiziellen Chronisten der Kölner Runde zu zitieren: „Nach dem Kork folge ein Reparaturwein“ und da gerade keine vernünftige Riesling Spätlese zur Hand war…

1988er Château Petrus, Pomerol
95% Merlot, 5% Cabernet Franc
Extrem dunkel, fast schwarz, Pflaume, Kirsche, dunkle Beerenfrucht, feine Hölzer, massiv reife Tannine.
Parker gab erst 94, dann 91 PP und schreibt von Potential bis 2030.
Wine-Spectator gab erst 94, dann 95 WS
Rene Gabriel vergibt 18/20
Die Kölner Runde vergibt 93-97 Punkte
94P (Höhepunkt in 10-15 Jahren?)
Was der Stoff kostet? Aktuell je nach Händler zwischen 900 und 2.000 Euro!

Noch ein Abschlussfoto des besten (Montrose) und des teuersten (Petrus) Weines des Abends und der Hinweis auf das offizielle Verkostungsprotokoll der Kölner Runde von Wolfgang Martin mit gewohnt schräger (aber immer absolut faktensicherer Einleitung).

2 Kommentare

2 Pings

  1. Danke für die Erinnerung an einen großen Abend!

    • Pendragon auf 8. Juni 2010 bei 16:11
    • Antworten

    Grundsätzlich garantiert ein interessanter Abend. Allerdings muss das teuerste nicht auch das beste sein. Mein teuerster war ein 87er Sassicaia (250 DM, im Restaurant), besser war der 88er Chateau Ducru Beaucaillou (68 DM, im Geschäft).

  1. […] bleibt es wohl ein sehr seltener Genuß – eben nicht der typische „Vin de Table“ Zu diesem Beitrag hatte (über Umwege;) der lesenswerte Artikel „Petrus und andere Heilige &#… (seines Zeichens der Kopf hinter dem http://www.weinkaiser.de) […]

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