Tasting mit Châteaux und Domaines Castel

Mit einer spannenden Blindverkostung im Frankfurter Luxushotel Villa Kennedy warb die französische Castel-Gruppe für ihr noch wenig bekanntes Deutschland-Geschäft. Das 1949 von neun Geschwistern in Bordeaux gegründete Familienunternehmen Castel ist heute größter Weinproduzent Frankreichs und mit 2400 Beschäftigten einer der größten Weinkonzerne der Welt. Der 85-jährige Pierre Jesus Sebastian Castel war vor 60 Jahren einer der Mitgründer und steht noch heute als Präsident an der Spitze des Konzerns. 2011 werden von Castel mit 640 Millionen produzierten Flaschen in 130 Ländern insgesamt 1,4 Milliarden Euro umgesetzt. Castel produziert mit Roche Mazet auch den mit 27 Millionen Flaschen pro Jahr meistverkauften Markenwein Frankreichs. Ein Castel-Tochterunternehmen betreibt über 500 Weinhandlungen in fünf Ländern. Neben Wein betreibt die Castel-Gruppe 41 Brauereien in 20 afrikanischen Ländern und ist auch einer der größten Coca-Cola-Abfüller Afrikas.

Flaggschiff der Castel-Weinsparte sind die Châteaux & Domaines Castel, die mit 120 Mitarbeitern in 21 französischen Weingütern rund sechs Millionen Flaschen im Jahr produzieren. Man trägt zwar nur 2 % zum Umsatz der Konzern-Weinsparte bei, hat aber einige klangvolle Namen in seinen Reihen. 1957 hat Pierre Castel mit Château de Goëlane sein erstes Weingut im Bordelais gekauft, mittlerweile sind 17 Bordeaux-Weingüter im Besitz der Châteaux & Domaines Castel. Das beste und bekannteste ist Château Beychevelle (4er Grand Cru Classe in Saint-Julien), bei dem Castel im letzten Jahr zu 50 % eingestiegen ist (den Rest hält noch die japanische Suntory-Gruppe aber Castel will das Weingut künftig komplett übernehmen). Die Châteaux & Domaines Castel bewirtschaften 1400 Hektar Weinberge in Frankreich (davon 800 im Bordeaux-Gebiet, womit man größter privater Besitzer der Region ist) und weitere 1600 Hektar verteilt auf 17 Weingüter in Marokko, Tunesien und Äthiopien.


Nach dem wichtigsten Absatzmarkt Frankreich steht China an zweiter Stelle. Deutschland liegt mit bisher durchschnittlich 100.000 abgesetzten Flaschen deutlich weiter hinten in der Statistik. In manchen Jahren kommen weitere 100.000 Flaschen hinzu, immer wenn Castel eine Ausschreibung der Lufthansa gewinnt.

Nach der Präsentation der Geschäftsfelder und der Organisation der Châteaux und Domaines Castel ging es an die Verkostung dieser schick verpackten Flaschen: 16 Bordeaux-Weine, etwa je zur Hälfte von den Châteaux & Domaines Castel und von anderen bekannten Weingütern standen zur Blindverkostung in der Villa Kennedy an.

Die roten Bordeaux der Blindverkostung nach der Auflösung. Die Weine der Châteaux & Domaines Castel brauchen sich in ihren Preisklassen zwischen 10 und 30 Euro qualitativ nicht zu verstecken. Das Unternehmen hat in den letzten Jahren große Summen investiert, um die Qualität seiner Weine zu steigern und hat aktuell einige der besten Önologen der Bordeaux-Region als Berater engagiert. Drei Beispiele: Eric Boissenot (berät Lafite, Latour, Margaux, Mouton und rund 150 weitere), Oliver Dauga (war technischer Direktor bei Sociando-Mallet, La Tour Carnet und Rollan de By) und Hubert de Boüard (leitet seit 1977 Château l’Angélus).

Drei weiße Graves-Weine zum Start:
Château Ferrande Blanc 2010 von Castel
Château Chantegrive Cuvée Caroline 2009
Clos Floridene Blanc 2009

Der günstige Château Ferrande (ca. 7,-) hat sich gegen die mehr als doppel so teueren Nachbarn gut geschlagen. Leichte grüne Aromen wie Grüne Paprika, sehr frisch, einen Hauch zu herb im Moment, eben noch sehr jung. Das Cuvée Caroline 2009 von Château Chantegrive (ca. 18,-) ist schon deutlich reifer, zeigt mir aber im Moment noch zu kräftige Holznoten. Der Clos Floridene Blanc 2009 (ca. 15,-) gefällt mir mit dezentem Holzeinsatz und intensiv salziger Mineralik derzeit am besten.

Château Rollan de By 2009, Médoc, Cru Bourgeois
Château Tour Prignac Grande Réserve 2009, Médoc, Cru Bourgeois
Château Potensac 2009, Médoc, Cru Bourgeois

Der Rollan de By 2009 (ca. 18,-) gefällt mit intensiven Gewürzen und dunklen Früchten landet trotzdem nur auf dem letzten Platz dieses Flights. Der Château Tour Prignac Grande Réserve 2009 (ca. 15,-) von Castel wirkt insgesamt eleganter und landet auf dem zweiten Platz. Gewinner und für mich auch Sieger der gesammten Blindverkostung ist der sehr klassische 2009er Château Potensac (ca. 25,-) mit wunderbar intensiver Frucht und milden Tanninen.

Château d’Arcins 2009, Haut-Medoc, Cru Bourgeois (Castel)
Château Charmail 2009, Haut-Medoc, Cru Bourgeois
Château Barreyres 2009, Haut-Medoc, Cru Bourgeois (Castel)
Château Chasse-Spleen 2009, Moulis en Médoc, Cru Bourgeois

Eindrucksvoller Sieg für die beiden Castel-Weine in diesem Flight. Der Château d’Arcins 2009 (15,-) landete auf 1, gefolgt vom Château Barreyres 2009 (14,-) und dem knapp auf 3 verwiesenen Chasse-Spleen. Auf dem letzten Platz der entteuschende 2009er Château Charmail. Ich habe einige Flaschen dieses Weines aus 2003-2005 im Keller, die mir in diesem jungen Stadium deutlich besser gefallen haben. Der 2009er zeigt zwar einige nette Kräuteraromen, wirkt aber insgesamt merkwürdig mostig.

Château Ferrande Rouge 2009 von Castel (ca.15,-)
Château de Chantegrive Rouge 2009 (ca. 13,-)
Clos Floridene Rouge 2009 (ca. 14,-)

Dieser Flight liegt sehr eng beieinander. Der 2009er Château Ferrande Rouge zeigt schöne Fruchtaromen, der Château de Chantegrive Rouge 2009 gefällt mit wunderbar animalischen Noten (u.a. etwas Brett – ein anderer Verkoster meinte das sei noch kein Pferd, das sei ein Pony) und wirkt insgesamt sehr stimmig. Der 2009er Clos Floridene Rouge zeigt feine Gewürze und Kräuter und landete auf meinem Zettel knapp auf Platz 1, in der gesamten Verkostungsrunde gewann knapp der Château de Chantegrive.

Château Jean Faure 2009, Saint-Emilion Grand Cru
Château Montlabert 2009, Saint-Emilion Grand Cru (Castel)
Château La Marzelle 2009, Saint-Emilion Grand Cru

Die Platzierungen entsprechen der Probenreihefolge. An der Spitze der sehr elegante 2009er Château Jean Faure (40,-) mit Aromen von Gewürznelken und sehr intensiven Kirschen. Gefolgt vom opulenteren und konzentrierteren aber etwas weniger eleganten Château Montlabert 2009 (14,-). Etwas abgeschlagen der derzeit sehr verschlossene und deutlich tanninreichere 2009er Château La Marzelle (ca. 30,-).

Die neuste Errungenschaft der Châteaux und Domaines Castel: Der 2007er Château Beychevelle ist natürlich noch ein Baby, macht mit ausreichend Belüftung aber auch jetzt schon Spaß…

Dr. Michael Heinrich, Geschäftsführer von LFE in Köln, dem Deutschlandimporteur der Castel-Gruppe.

Gute Stimmung beim gemeinsamen Dinner nach der Blindverkostung in der Villa Kennedy. Allein schon die perfekt gebratene Gänseleber mit Vanille, Birnen und Brioche wäre diesen Besuch in Frankfurt Wert gewesen. Ich habe dieses Jahr diverse Gänseleber-Variationen gegessen, diese war kaum noch zu toppen.

1 Kommentar

    • Napa Valley auf 26. März 2013 bei 01:11
    • Antworten

    They make a big winery. There is so popular.

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