Winemaker Dinner mit Château Angélus und Pichon Comtesse de Lalande im Frankfurter Hof

Beim zweiten Winemaker Dinner des mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurant Français im Hotel Steigenberger Frankfurter Hof wurden je vier Jahrgänge Château Angélus und Château Pichon Comtesse de Lalande zwischen 1995 bis 2005 präsentiert.

Durch den Abend führte der internationale Weinjournalist Panos Kakaviatos (Bildmitte), unterstützt von Gildas d’Ollone (links), dem Generaldirektor von Château Pichon Comtesse de Lalande und Jean Bernard-Grenié, einem der Miteigentümer von Château Angélus. Die beiden Weingutsvertreter stellten ihre Châteaux vor und gaben jeweils eine kurze Einschätzung zu den verkosteten Jahrgängen. Sie waren natürlich auch spannende Gesprächspartner: Gildas d’Ollone sas an diesem Abend neben mir am Tisch. Er berichtete dabei unter anderem von einem 1874er Pichon Comtesse, den er kürzlich bei einem US-Sammler trinken durfte und der noch erstaunlich gut erhalten war, obwohl sein Korken nur noch an Kohle erinnerte.

Aus ihren Châteaux mitgebracht hatten die beiden:
Château Pichon Comtesse de Lalande 2005, 2002, 1996 & 1995
Château Angélus 2005, 2001, 1998 & 1995

Die ein oder andere Flasche Champagner kam noch aus dem Keller des Frankfurter Hof dazu. Für die Vorbereitung der Weine und für den höchst kompetenten Service am gesamten Abend gilt der Dank Sommelier Franck Mouzon und dem Serviceteam des Restaurant Français um Maître Nils Blümke.

Im Bordeaux wird klassischerweise zwischen den beiden Ufern der Gironde unterschieden, da sich die Zusammensetzung der verwendeten Rebsorten an den beiden Ufern traditionell stark unterscheiden. Eine gute Übersichtskarte der Bordeaux-Appellationen gibt es bei Wikipedia (Pauillac findet man unter 4 und St. Emilion unter 21). An diesem Abend war je ein herausragender Vertreter seines Ufers zu Gast:

Vom linken Ufer Château Pichon Longueville – Comtesse de Lalande Deuxième Grand Cru Classé aus Pauillac im Médoc, gerne auch Supersecond genannt, da in manchen Jahren qualitativ und preislich kaum von den Premier Grand Cru Classés des Médoc zu unterscheiden. Der Rebsorten-Spiegel des 87-Hektar-Weingutes: 45 % Cabernet Sauvignon, 35 % Merlot, 12 % Cabernet Franc und 8 % Petit Verdot. Damit besitzen die Rebflächen des Weinguts einen im Médoc ungewöhnlich hohen Merlot-Anteil. Bei den meisten anderen Châteaux des linken Ufers dominiert Cabernet Sauvignon viel deutlicher.

Vom rechten Ufer Château Angélus Premier Grand Cru Classé B aus St. Emilion, dessen 23,4 Hektar Rebfläche üblicherweise zu 50% aus Merlot, zu 47% aus Cabernet Franc und nur zu 3 % aus Cabernet Sauvignon bestehen. Die Weine der Gemeinde St. Emilion sind für ihren hohen Merlot-Anteil bekannt, einige Châteaux dort verwenden sogar mehr als 90 % Merlot. Das Weingut wird vom Önologen Michel Rolland beraten, der rund um den Globus über hundert Betriebe zu seinen Kunden zählt. Der Name Château Angélus geht auf das Angelusläuten zurück, das im Weingut und den angrenzenden Weinbergslagen von drei verschiedenen Kapellen zu hören ist, in deren Mitte Château Angélus liegt. Die Angelus-Glocke einer der drei Kapellen ist auf dem Etikett abgebildet.

Für das auf die Weine perfekt abgestimmte Fünf-Gang-Menü beim Winemaker Dinner sorgte Patrick Bittner (Bildmitte), Chefkoch des Restaurant Français mit seinem Team. Bittners französisch inspirierte Küche führt 18 der begehrten Gault Millau Punkte und ist vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet, der auch in der wenige Tage vor der Veranstaltung veröffentlichten neuen Ausgabe des Guide Michelin bestätigt wurde. Bei dem, was ich an diesem Abend gegessen habe, muss hier sowieso niemand um den Erhalt des einen Sternes fürchten, man arbeitet eher an der Verleihung eines Zweiten.

Ohne das begleitende Essen hat für mich der wildere und animalischere Stil von Angélus die Nase vorn. Dieser Stil ist einerseits eindeutig auf den hohen Cabernet Franc Anteil bei Angélus zurückzuführen, andererseits scheinen alle gezeigten Angélus-Jahrgänge auch etwas Brett zu haben (kein Holzbrett sondern die Hefekultur Brettanomyces – erinnert etwas an Pferdestall aber ich mag das). Cabernet Franc kann großartig animalische Weine hervorbringen, hat in schwierigen Jahrgängen allerdings auch oft ein Problem auszureifen und lässt Weine dann gerne unangenehm grün wirken. Da wir hier jeweils eine Auswahl von vier der besten fünf Jahrgänge aus den letzten 15 Jahren vor uns hatten, spielten Reifeprobleme keine Rolle und die Weine waren grandios.

Zum Essen wiederum spielt Château Pichon Comtesse de Lalande seine Stärken aus: Wohl kein anderes Weingut im Medoc bringt so seidig elegante Weine hervor, die sich enorme wandlungsfähig an eine Vielzahl von Speisen anschmiegen können, ohne sie jedoch zu dominieren oder dominiert zu werden. Diese Weine finden immer wieder die richtige Balance. Das die Comtesse allerdings auch richtig Power haben kann, beweist sie in den herausragenden Jahrgängen 1996 und 1986 (mein Lieblingsjahrgang noch vor dem samtigeren 1982er, der von Robert Parker mit 100 Punkten bedacht wurde) in denen sie mit 75 % Cabernet-Sauvignon eine typischere Medoc-Zusammensetzung hatte.

Das Menü und die Weine:
Nach diversen leckeren Kleinigkeiten beim Champagner-Aperitif in der Autorenbar des Frankfurter Hofs startete das Degustationsmenü mit diesem durch reichlich Périgord Trüffel veredelten Amuse Gueule.

Dazu wurde Château Latour Martillac Blanc 2007 aus Pessac Léognan gereicht. Sicher auch ein Château auf der Einkaufsliste chinesischer Milliardäre, klingt es doch (wie andere gerade verkaufte) so ähnlich wie ein berühmtes 1er Grand Cru Weingut (Château Latour in Pauillac). Namen sind derzeit in China deutlich wichtiger als Qualität, die hier im übrigen aber auch sehr ordentlich ist.

Der erste offizielle Gang:
Saint Pierre (Petersfisch) mit Karotte, Vanille und Orange
Dazu weiter der Château Latour Martillac Blanc 2007 Pessac Léognan.

Wagyurind mit dreierlei Topinambur und Sauce Bordelaise
Dazu: Château Pichon Comtesse de Lalande 2002 und Angélus 2001

Château Angélus 2001: Für mich der Preis-Leistungs-Sieger des Abends (liegt bei 100 Euro – die anderen Angélus-Jahrgänge sind deutlich teurer), schon recht weit entwickelt und trinkreif, reife Frucht von roten Beeren, für Bordeaux ungewöhnlich animalisch, auch wieder etwas Brett, Kräuter und Gewürze, feine Hölzer, Vanille, Tabak, sehr dicht aber trotzdem nicht plump sondern mit einer gewissen Leichtigkeit, stimmige Säure, das Tannin ist schon etwas milder, reicht aber noch für weitere 10 Jahre. 94P

Château Pichon Comtesse de Lalande 2002: Intensive Brombeeren und Cassis in der Nase, so konzentriert, dass der Wein in der Nase sogar süßlich wirkt, erstaunlich komplex für den schwierigen Jahrgang 2002, sehr elegant mit seidigem Tannin. 92P

Taube „leicht geräuchert“ mit Mais, Popcorn, Speck und Butterschaum
Dazu: Château Angélus 1998 und Pichon Comtesse 1996

Château Angélus 1998: Kaffee, Schokolade, leicht rauchig, dunkle Beerenfrucht (Brombeeren, Cassis), trotz seiner enormen Kraft extrem elegant und sehr seidig, wunderbar feines Tannin, das langsam reif wird, trotz mittlerweile 12 Jahren immer noch extrem dunkel. 1998 sei ein Merlot-Jahr gewesen, er sei in diesem Jahr perfekt gereift, etwas höherer Merlot-Anteil in der Cuvée. 95P

Château Pichon Comtesse de Lalande 1996: Ein Blockbuster, da 1996 als Cabernet-Sauvignon-Jahrgang gilt deutlich erhöhter Cabernet-Sauvignon-Anteil (75 % statt der üblichen 35-45 %, daher nur 15 % Merlot sowie je 5 % Cabernet Franc und Petit Verdot), 14 Jahre alt und immer noch extrem jung, Höhepunkt in frühestens 10 Jahren, Hölzer, Rauch, Mokka, Brombeeren, Cassis, Schokolade, Kräuter (Eukalyptus), sehr lang, Tannin und Power ohne Ende und trotzdem fein und sehr elegant. Ein großer Wein, heute noch ein gutes Stück zu jung. 96P

Geschmorte Ochsenbäckchen mit Wurzelgemüse, Pomme Macaire und Périgord Trüffel
Dazu: Château Angélus und Pichon Comtesse 1995

Château Angélus 1995: Der älteste Flight des Abends, immer noch dicht, dunkel und mit kräftigem Tannin, kräftige Säure, Kaffee, Kirsch, Cassis und auch wieder die animalischen Eindrücke von Brett bis Pferdestall. Dieser Wein ist wie fürs altern geschaffen, er wird wohl nicht mehr viel besser, wird aber auch die nächsten 10-15 Jahre nicht abbauen. 94P

Château Pichon Comtesse de Lalande 1995: Nach dem 1982er wohl einer der feinsten Pichom Comtesse in der klassischer Rebsortenzusammensetzung mit hohem Merlot-Anteil. Wunderbare Balance aus Power und Finesse. 95P

Käsedegustation mit Affineur Bernard Anthony
Dazu: Château Angélus und Pichon Comtesse 2005

Der 2005er Château Angélus ist natürlich noch extrem jung: Er ist zwar trotz der tiefschwarzen Farbe durch seine konzentrierte Frucht weniger tanninlastig und damit besser trinkbar als andere junge Spitzen-Bordeaux, wer ihn aber jetzt schon aufzieht wird sich in 10 Jahren schwarz ärgern, da hier ein junges Monster schläft, das erst in langer Zeit sein volles Potential zeigen wird (will heißen: Trinkgenuss jetzt ca. 92P – erwarteter Trinkgenuss in 15-20 Jahren: 95-98P).

Château Pichon Comtesse de Lalande 2005: Trotz des „Jahrhundertjahrgangs 2005“ von Robert Parker mit 86 Punkten abgestraft, hat mir aber schon bei der Sopexa Bordeaux Arrivage Präsentation im März 2007 in Düsseldorf deutlich besser gefallen als dem Orakel von Maryland (Parker). Trotzdem ist er auch für mich kein wirklich großer 2005er, dafür andererseits schon recht früh zugänglich, Comtesse-typisch fein und elegant mit üppiger Beerenfrucht und geschliffenes Tannin. 92P

Kalte und warme Variationen von Valrhona Schokolade

Zu einer Parallelveranstaltung am Vortag in Berlin gibt es hier noch die Notizen von CaptainCork (O-Ton zum Angélus 2001: „Der Wein riecht wie ein Bettzeug nach dem Bumsen“), Michael Liebert, Martin Zwick (BerlinKitchen) und „Innauen“ (weiter unten im selben Forum). CaptainCork nennt auch Bezugsquellen.

2 Kommentare

1 Ping

  1. Eurer Menü in Frankfurt scheint ja richtig lecker gewesen zu sein. Da läuft einem ja richtig das Wasser im Mund zusammen… Aber auch in Berlin haben wir gut gespeist…

    Nach Berlin und Frankfurt musste sich der arme Panos auch noch durch das sicherlich nicht minder fantastische Menü in Baden-Baden quälen…

    Vielen Dank auch hier an die Chateaux und an Panos für die Organisation der herrlichen Abende.

    • Friedrich Jean-Michel auf 14. Oktober 2018 bei 09:01
    • Antworten

    Sehr interessanter Bericht!
    Ich finde sehr gut, dass auch die leckeren Speissen dargestellt wurden.
    Das ist ein Zeugnis höchsten Genusses.
    Danke!

  1. MicroSpices Spezialrezepte…

    Tolle Tipps, werde ich gleich mal ausprobieren….

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