Alles Terroir oder was? Winemaking bei Penfolds mit Peter Gago

In der deutschsprachigen Weinwelt läuft nach einem Beitrag von Spitzenwinzer H.O. Spanier in der Welt am Sonntag mal wieder die Terro(i)r-Diskussion, was wohl wichtiger sei, die Weinbergslage und ihr Kleinklima oder schlicht der Winzer. Dazu herrscht in Deutschland immer noch das Vorurteil, alle guten Weine müssten aus einer Lage und einer Rebsorte gekeltert sein, alles andere sein minderwertiges Gepansche. Erst am letzten Wochenende hat mir bei der Jahrgangspräsentation eines Spitzenweinguts an der Mosel mein zufälliger Tischnachbar erklärt, er kaufe seit neustem nichts mehr bei einem bestimmten Top-Weingut an der Ahr, da er erfahren habe, dass sie dort nun auch Weine aus verschiedenen Rebsorten zusammen kippen würden. Großen Bordeaux liebt er natürlich…

Während es hierzulande also offenbar immer noch geschäftsschädigend sein kann, seine Kunden allzu sehr in die eigene (seriöse) Kellerpraxis einzuweihen, wird dieses Thema am anderen Ende der Welt absolut offen behandelt und niemand scheint damit ein Problem zu haben.

Bei einem Seminar vor einigen Monaten im Adlon präsentierte Peter Gago, der Chef-Weinmacher von Penfolds den staunenden Teilnehmern nicht nur aktuelle und gereifte Grange-Jahrgänge sondern auch eine spannende Powerpoint-Präsentation, wie bei Penfolds Weine kreiert werden.

Die für einen Wein zu Verfügung stehenden Weinberge wurden anhand der Frucht- und Gewürzaromen aufgeschlüsselt, die je nach Lesezeitpunkt aus diesem Bereich zu erwarten sind. Hier beginnt die Vorbereitung der Assemblage nicht erst mit vorhandenen Fassproben, sondern bereits vor der Lese. Penfolds nutzt diese Tabellen auch um auf Wetterturbulenzen zu reagieren.

Peter Gago: Es kommt vor, dass in einem Ort Buschfeuer durch enorme Hitze entstehen während nur 30 km weiter gerade Schnee fällt.

Fällt ein Teil der üblichen Weinberge für einen wichtigen Wein wegen Dürre, Hitzewellen oder Frost aus, findet sich vielleicht tausend Kilometer entfernt ein anderer Penfolds-Weinberg mit ähnlichen Eigenschaften, wie der ursprünglich eingeplante. Einige der Penfolds-Weinberge sind übrigens schon deutlich älter, als man es in der „neuen Welt“ vermuten würde. Der weltweit älteste durchgehend mit Cabernet Sauvignon bestockte Weinberg ist übrigens Penfolds Kalimna Block 42 im Barossa Valley, der 1888 angelegt wurde. Der älteste Shiraz-Weinberg Australiens stammt sogar von 1843 (im Besitz  der Langmeil Winery).

Auch beim Chardonnay stehen Penfolds viele Möglichkeiten zu Verfügung. Für jeden Weinberg wurde eine Charakterisierung  der zu erwartenden Aromen angelegt. Man nutzt dies auch, um sich den Geschmäckern der Zeit anzupassen. War Yattarna, der Top-Chardonnay des Hauses, in seinen ersten Jahren Mitte der 90er noch ebenso breit, schwerfällig und buttrig wir viele große Chardonnays dieser Zeit aus dem Burgund, so wird er heute deutlich frischer komponiert. Viele große Lagenweine aus dem Burgund haben diesen Stilwechsel ebenfalls vollzogen, die Winzer dort dürften aber deutlich größere Schwierigkeiten haben, ihnen Kunden zu erklären, warum sich die Charakteristik einiger der berühmtesten Lagenweine der Welt so sehr verändert hat. Da hatte der Wunsch der Winzers nach Veränderung wohl doch größeren Einfluss als der Weinberg und die absolut spontane Vergärung. Bei der Herangehensweise von Penfolds sind solche Veränderungen jedenfalls deutlich einfacher zu vermitteln.

Am Beispiel des Shiraz zeigte Peter Gago die Vielzahl der Stellschrauben, die er zu Verfügung hat um auf die Entstehung und Entwicklung eines Weines Einfluss zu nehmen. Einige dieser Möglichkeiten zur Einflussnahme hat jedes Weingut, andere werden erst bei solch enormer Betriebsgröße wie der von Penfolds realistisch. Etwas, das jeder beeinflussen kann ist der Verkaufszeitpunkt. Penfolds startet den Verkauf seiner Spitzenweine recht spät: Grange erst nach fünf, St. Henri nach vier und 707 nach drei Jahren. Nach Meinung Peter Gagos ist der 1953er derzeit der beste Grange.

Den 1953er Grange hatten wir zwar nicht, aber neben dem Vortrag gab es auch ein paar hübsche Begleitgetränke. Im Rahmen des Penfolds Luxury and Icon Tasting 2010 wurde neben dem mittlerweile wunderbar burgundisch elegant wirkenden Chardonnay Yattarna 2007 das komplette Sortiment der roten Spitzenweine der letzten Jahre aus Magnumflaschen präsentiert.

Yattarna 2007 in Zahlen: 12,8% Vol, 5,8 Gramm Säure, ph-Wert 3,22, 9 Monate in zu 35% neuem französischen Holz, 100% Malo, aus kühlen Regionen Australiens (40% Tasmanien, Henty und Lagen über 500 Metern in den Adelaide Hills).

Bei den Rotweinen werde ich immer mehr ein Fan des australischen 2004er Jahrgangs. Trotz der oben beschriebenen Vielzahl der Einwirkungsmöglichkeiten gefallen mir sowohl Grange, also auch der in altem Holz ausgebaute St. Henri und der australische Top-Cabernet 707 jeweils aus dem Jahr 2004 am besten. Der im Moment sehr konzentriert und etwas verschlossenen wirkende Grange 2005 wird noch eine ganze Weile brauchen, der schlankere 2002er Grange (eines der kühlsten Jahre in Australien überhaupt) ist da schon deutlich weiter. Beide sind exzellent, kommen aber an den hocheleganten und mineralischen 2004er, den besten jungen Grange den ich bisher im Glas hatte, nicht heran.

Beim St. Henri hatte der harmonischer und mineralischer wirkende 2004er gegenüber der extrem konzentrierten und tanninreichen Fruchtbombe aus 2006 (14,5% Vol.) die Nase vorn. Erstaunlich, dass der 2006er Weine trotz altem Holz eine solche Menge (reifen) Tannins abbekommen hat.

Mein Favorit der Berliner Tastings (den Grange 2004 habe ich zu anderen Gelegenheiten verkostet) war der 2004er Cabernet Sauvignon 707. Zeigte sich der 2007er 707 etwas kräuterwürziger und mineralischer, hatte der 2004er feinere und präzisere Frucht (v.a. Schwarze Johannisbeeren), deutliche Pfeffer- und Steinpilznoten und ist so, trotz seiner jugendlich rauen Art schon jetzt ein großer Wein. Der 707 wird zu 100% in neuem Holz ausgebaut (wenn der Jahrgang dafür nicht gut genug ist, wandern die eigentlich für den 707 gedachten Trauben in den 407er oder den 389er. Der 707 ist bei Penfolds in der Regel auch der am schnellsten ausverkaufte Wein. Bei dem Preis-Genussverhältnis (ca. 129 Euro) kein Wunder.

Beim RWT hat mir der 2007er (mineralischer, mehr Frucht, weniger Alc. in der Nase) besser als der 2006er gefallen. Laut Gago brauche der RWT übrigens meist ca. 12 Jahre bis zur vollen Entfaltung.

Hier noch die Links zu einem weiteren ausführlicher Beitrag über Penfolds aus dem Vorjahr hier im Blog und zu einem aktuellen Buch über das Weingut Penfolds und seine Weine. Sommelier Axel Biesler hat dieselbe Veranstaltung besucht und einen sehr kurzweiligen Beitrag darüber verfasst.

Aus Anlass dieses Artikels verlost Weinkaiser.de hier eine Magnumflasche Penfolds BIN 389, zweimal zwei Penfolds-Gläser von Riedel und fünf Exemplare des Buchs „The Rewards of Patience“.

2 Kommentare

2 Pings

  1. Hi, sehr feiner Artikel. Präsentation von Peter Gago sind immer spannend. Und das stimmt, die haben einen völlig anderen Zugang zum Thema, auch der Chiefwinemaker von Lehman oder sonstwo erzählt dir bis ins kleinste Detail, was er macht. Auch wenn er weiss, dass du aus einem Land kommst, wo das Verfahren vielleicht gar nicht erlaubt wäre. Logisch, dort ist es ja nicht verboten.

    Wer Lust hat, kann ja auf einen launigen Artikel von mir klicken: http://www.wine-times.at/artikel.php?idde=269&iden=&language=DE

    LG Knalli

  2. Toller Beitrag.
    Ein Bekannter durfte Peter bereits persönlich kennenlernen. Sehr charismatischer Mann. Selbst habe ich letztens erst einen Penfolds trinken dürfen und war begeistert, aber schreckte auch etwas vor dem Preis zurück. Dennoch sollte man sich Genuss göhnen und so bin ich auf ein Penfolds Angebot im Netz gestoßen, dass auch Penfolds Artikel beinhaltet, die nicht die Geldbörse alzu extrem erleichtern: [Werbe-Link von Weinkaiser.de entfernt]

    LG Kai

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