Der Norden des Südens: Die Hermitage-Weine von Bernard Faurie

Hermitage Bernard Faurie

Die Weine der nördlichen Rhone zu trinken, ist einfach: Man muss sich nur entscheiden, ob man die Weine lange oder sehr lange lagern will und ob man eher viel oder wenig neues Holz im Wein haben möchte. Dementsprechend besorgt man sich ein paar Kisten Cote-Rotie oder Hermitage. Bei den Traditionalisten mit wenig neuem Holz steht dann „J.L. Chave“ auf den Kisten und bei den Freunden des neuen Holzes findet sich die Aufschrift „Guigal“. So weit so einfach, wenn 200 oder 300+ € für eine Flasche kein Problem sind.

Aber drehen wir die Geschichte noch einmal etwas zurück. Was macht die Weine der nördlichen Rhone so einzigartig, dass Weinfreunde aus aller Welt versuchen an die paar Flaschen Hermitage heranzukommen? Ähnlich, wie der Pinot Noir im Burgund am nördlichen Rand seines „Reifegebiet“ wächst, und durch seine lange Reifeperiode eine besondere Finesse erreicht, wird die Syrah-Traube an der nördlichen Rhone noch grade so reif und besitzt dadurch eine Fülle von Aromen bei gleichzeitig niedrigem Alkohol. Gereifte Hermitages können dann auch eine Ähnlichkeit mit Burgundern haben. Sie besitzen oft neben den typischen Eisen- und Fleisch-Aromen auch eine straffe, spielerische Säure und eine Tiefe, die den aufmerksamen Trinker praktisch ins Glas saugt. Ähnlich wie im Burgund sind die verfügbaren Mengen klein weil auch der Hang, an dem die Trauben für den Hermitage wachsen, nur eine Fläche von 136 ha aufweist. Das ist viel weniger Anbaufläche als beispielsweise in einem mittelgroßen rheinhessischen Weinbauort. Von dieser Fläche weist wiederum nur ein Teil die begehrte Kombination aus kargem Granitboden, der optimalen Ausrichtung zur Sonne und einer, die optimale Reife garantierende Höhe am Hang auf. Liegen die Lagen tief unten am Hang werden die Weine üppiger (auch wegen der nährstoffreichen Schwemmland-Auflage). Befinden sich die Syrah-Reben zu weit oben am Berg reifen die Trauben wegen der kühlenden Winde nicht verlässlich aus. Auch deshalb haben Lagen-Cuvées in Hermitage schon immer eine große Rolle gespielt, weil die Winzer die Schwächen der einen Lage mit der Stärke einer anderen ausgleichen konnten.

Einzellagenabfüllungen sind in dem Gebiet eine eher junge Entwicklung. Durch die Kleinteiligkeit der Besitzverhältnisse am Hang kommt dazu, dass Winzer, die weniger Fläche als zum Beispiel Jaboulet oder Guigal besitzen, oft nur Flächen, die deutlich unter einem Hektar aufweisen, in den Einzellagen bewirtschaften.

Hermitage Lagen

Bernhard Faurie, um dessen Weine es hier gehen soll, und dessen Kreszenzen noch keinen dreistelligen Betrag pro Flasche kosten, hat dementsprechend auch nur zwei Hermitages im Programm: zum einen die Cuvée aus den Lagen „Greffieux“ und „Bessards“ und eine zweite, bestehend aus „Bessards“ und „Méal“. Der Greffieux/Bessards (mit der weißen Kapsel, die Lagennamen stehen nicht auf dem Etikett) ist aufgrund der steinigeren, granitlastigen Böden in den zugrundeliegenden Parzellen immer der straffere, kernigere Wein, der aber immer aufgrund seines Bessard-Anteil eine betörende Frucht besitzt.

Die andere Cuvée mit der goldenen Kapsel ist fleischiger, wuchtiger. Méal – das Herzstück des Amhitheaters der Reben von Hermitage hat eisenreiche Böden, die von der Rhone angeschwemmt und am Hang neben dem Fluss abgelagert wurden. Die Weine, die hier wachsen sind mehr „Weine des Südens“ als die oft etwas kargeren Tropfen der granitbetonteren Lagen.

In wenigen, außerordentlich guten Jahren (z.B. 1999) gibt es außerdem noch einen reinsortigen „Méal“ von Faurie.

Die Weine sind im Glas dann stets Nord-Rhone-Syrah im klassischen Stil. Neues Holz ist fast gar nicht wahrnehmbar, es werden 600 L-Fässer (Demi-Muid) und wenige 228 L-Fässer eingesetzt.

Die Trauben werden nicht entrappt und für 18 bis 21 Tagen in Holzbottichen vergoren. Die ganze Produktion der Weine wirkt recht rustikal, die Hermitages von Bernard Faurie, der auch in jedem französischen Film als alternder Liebhaber besetzt werden könnte, zeichnen sich besonders nach einiger Reife dann allerdings durch außergewöhnliche Subtilität und Feinheit aus. Eins meiner größten Weinerlebnisse der letzten Jahren war ein 1985er Hermitage der den Eindruck hinterließ als säße man Fond eines mit Connolly-Leder ausgeschlagenen Rolls-Royce aus den 60ern und bekäme dabei eine Zigarre aus einem Zedernholz-Humidor angeboten. Ein Wein, der eine tiefe Ausgeglichenheit ausstrahlt und dennoch eine innere Spannung wie nur wenige Rotweine besitzt.

Von den jüngere Hermitage-Jahrgängen gefiel mir die „Weißkapsel“ aus 2010 sehr gut. Hier findet sich besonders diese irrsinnige Finesse des 10ers und die Eisen-Rost- und Rosen-Aromatik des Syrah wieder. Die 2009er und 2012er sind sowohl als Greffieux/Bessards als auch beim Bessards/Meal etwas fleischiger und runder, als der zum drahtig-knochigen tendierende 2010er. Letztes Jahr im März hatte ich die Gelegenheit einige der Weine nebeneinander zu probieren. Einige Notizen zu den Hermitages findet ihr am Ende des Artikels.

Außer den auf lange Flaschenreife angelegten Lagen-Cuvées, erzeugt Bernard Faurie einen früher trinkbaren St. Joseph von seidig intensiver Art. Der Wein passt perfekt zum Steak, zu geschmortem Lamm oder zu anderen markant gewürzten Schmorgerichten.

Neben den roten Hermitages gibt es von Faurie auch noch die weiße Version aus 100 % Marsanne. Wie bei den Roten, sind auch seine Weißweine, mit wenig neuem Holz ausgebaut und aromatisch klar, transparent und dennoch von großer Komplexität.

Für mich bleiben die Weine von Bernard Faurie in ihrer handwerklichen Präzision aber auch in ihrer Typizität für die Gegend aus der sie stammen, ganz große Nord-Rhone-Klassiker für die Weintrinker, die sich trauen ihr Geld auch einmal etwas abseits der ganz großen Namen zu investieren. Es gibt wenige Flaschen, auf deren Reife ich mich so freue, wie auf die Hermitages von Faurie.

Hermitage Bernard Faurie

Notizen:

2008 Hermitage Greffieux/Bessards: Verhaltene Nase. Etwas grüne Paprika, Eisen/Blut, sehr klar, eher auf Transparenz gemacht. Viel Pfeffer, mit Luft wird die Nase besser, etwas Süßholz, aber auch immer noch etwas Grünes. Braucht Zeit, ist wahrscheinlich grade in der Versenkung. Derzeit bei 91-92++ (Potential).

2010 Hermitage Greffieux/Bessards: Expressiv, schon vom Start weg wahnsinnig gut. In dem Wein sind Fülle und Seidigkeit in Perfektion vereint, die Säure ist stützend und sehr griffig ohne spitz zu sein. Hat auf der Zunge auch Mokka-Aromen, etwas röstiges, wirkt aber nie schwülstig und beleibt trotz aller Fülle immer elegant. Jetzt trinken oder 10 Jahre hinlegen.

2011 Hermitage Greffieux/Bessards: Rauch, Räucherspeck, stürmisch, sehr offenherzig, seidig. gut gebaut, eher der hedonistische Typ unter den Hermitages. Orientalisch gewürzig. Jetzt schön, ist aber schwer vorzustellen, wie der mit Reife aussehen wird.

2012 Hermitage Greffieux/Bessards
: Veilchen in Reinkultur. sehr swingend, vereint Transparenz und Dichte in vorbildlicher Weise. Sehr frisch, erste Attacke „kühl“, Wie von Früchten, die grade aus dem Kühlschrank kommen, erzeugt das Bild von kalkigen, leicht abgegriffenen Kalksteinfelsen. Atemberaubend gut.

2009 Hermitage Bessards/Meál: Wirkt zunächst rustikaler und fetter als die Cuvée Bessards/Greffieux. Ausserdem recht verschlossen. Etwas „zusammengestaucht“ monolithisch wirkendes Tannin. Wirkt in der Nase recht warm, fast an der Nähe zur Überreife. Wirklich massive Tannine auch im Abgang. Fast kein neues Holz. Schwer einzuschätzen, Potentialbewertung. Braucht sehr viel Zeit. Könnte aber sehr gut werden.

2010 Hermitage Bessards/Meál
: Etwas feiner und kühler als der 09er, sehr kraftvoll trotzdem, auch etwas tiefer als der 12er Greffieux/Meal. Braucht Zeit, wirkt sehr erdig, schön, elegant, kraftvoll.

Wer also auf der Suche nach traditionell erzeugtem, lagerbedürftigem Nord-Rhone-Syrah ist, sollte auf jeden Fall Bernard Fauries Weine in die engere Wahl ziehen.

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  1. […] Hohepriester des gereiften Rieslings, Marc Herold, schreibt als Gast beim Weinkaiser über den Norden des Südens: Die Hermitage-Weine von Bernard Faurie: Nord-Rhone-Syrah im klassischen Stil… bei der nächsten Verkostung von Hermitage bei Marc […]

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