Ein Abend mit viel Durst!

Andreas Durst in seinem Fasskeller....

Chris T. Gampe ist Vinophiler Käsedealer in Berlin. Der 34-Jährige ergreift hier und drüben bei Dirk Würtz gelegentlich als Gastblogger das Wort.

Von

Es ist 10:00 Uhr morgens. Der Bass der letzten Stunden wabert immer noch durch meinen verschwitzen Körper. Mein Mund ist trocken, mein Hemd zerrissen, ich habe Glitzer im Gesicht und mein Handy ist weg…..

Doch von Anfang an.

Gestern Abend habe ich mal wieder ein paar Leute zum gemeinsamen Abendessen eingeladen. Ich mache das einmal im Monat. Die Runde besteht aus den unterschiedlichsten Charakteren. Einer von Ihnen ist René. Er ist der totale Unsympath wenn Kokain mit im Spiel ist, ansonsten ist er jedoch sehr einfühlsam und hilfsbereit. Britta, die mittlerweile eine kleine Buchhandlung im Berliner Friedrichshain führt, ist auch mit am Start. Sie wird heute durch ihren Bekannten begleitet, einem Partytourist aus Barcelona, der im Berghain zu wohnen scheint.

Durst Weine

AngelDu(r)st, 2013, Pfalz/Rheinhessen, Riesling/Sylvaner

Zur Begrüßung schenke ich heute den AngelDu(r)st aus. Einem Wein vom Fotografen und Winzer Andreas Durst (Pfalz) der den Sylvaner beisteuert und dem Winzer Albrecht Engel (Rheinhessen), der für die nötige Dosis Riesling verantwortlich ist.

In der Nase frisch gemähtes Gras, verschiedene Fruchtnoten wie Birne und Stachelbeere sowie grüne Walnüsse. Der Wein ist nicht „laut“, ganz im Gegensatz zu dem steigenden Geräuschpegel in meinem Apartment.

Am Gaumen kickt eine wirklich brutal kräftige Säure auf meine Geschmacksnerven. Das ist kein Anfängerwein, aber ein perfekter Anfang für diesen Abend!

Durst Weine

Die Gäste unterhalten sich und trinken. Das ist der erste gute Moment, um mich kurz in die Küche zu verabschieden.

Immer wieder höre ich aus dem Wohnzimmer die lautstarke Stimme von René:

„Ich bin Bestatter. Ja verdammt, ich bin 28 Jahre alt und Bestatter. Das kommt bei keinem ersten Date gut an, wenn du irgendwann sagst: „und ich bin übrigens Bestatter, Baby, wollen wir zu mir oder zu dir?“

Sein Vater, dem die Firma „Ihr Sarg und unsere Sorge“ gehörte, ist letztes Jahr frühzeitig verstorben.

In der Zwischenzeit brate ich die Jakobsmuscheln kurz und heftig auf beiden Seiten an, sodass sie im Inneren schön glasig bleiben und löse für die Sauce ein paar Safranfäden in Weißwein auf.

Sylvaner 2013, Andreas Durst

Diesen Wein werde ich auch zur Vorspeise servieren. Ich habe ihn vorher kurz durch die Karaffe gejagt, damit er schneller zugänglich wird. Dieser Silvaner ist für mich eher ein Riesling. Er ist knochentrocken, wie alle der Durst`schen Weine und unheimlich mineralisch. Leichte Bitternoten und eine fantastische Salzigkeit wirken animierend und versprechen hohen Trinkfluss. Während des Kochens muss ich mich zurückhalten weiter zu trinken, denn vom Sylvaner habe ich für den heutigen Abend nur zwei Flaschen parat.

Die Jakobsmuscheln und die Safransauce sind fertig. Ich brate noch ein paar Speckstreifen von der uckermärkischen Sau an, um das Gericht abzurunden.

Die Vorspeise kommt super an, genauso wie der Wein. Das leicht rauchige, salzige des Specks, die Röstaromen der Jakobsmuschel, sowie die sanfte Bitternote des Safrans spiegeln perfekt das Aromenspektrum des Sylvaner von Andreas Durst wider.

René kommt weiterhin auf Touren und schüttet sich und den anderen Gästen fleißig nach, sodass sich die zweite Flasche auch zügig leert.

Durst Weine

Der Große Durst WB/GB 2013

Zurück in der Küche richte ich das dazu passende Sashimi bestehend aus Meeraal, Thunfisch, Lachs, Schwertfisch und Makrele an. Dazu gibt es Sojasauce und frisch geriebenen Meerrettich aus Brandenburg dazu.

Im Glas rieche ich etwas Holunder und Birne sowie weißen Pfeffer und frisch geriebenen Muskat. Nach einigem Schwenken purzeln auf einmal verschiedene exotische Früchte wie Maracuja, Ananas und Stachelbeere aus dem Glas. Das ganze wirkt stets elegant und niemals plump. Die feine spitze Säure trennt diesen Wein rasiermesserscharf von den sonst so üblichen und belanglosen „Allerweltsburgundern“.

Die ersten Technoplatten werden aufgelegt und füllen den Raum mit wummernden Bässen und graden 4/4 Beats!

Während die Gäste im Wohnzimmer ihren Spaß haben, nehme ich den über Nacht marinierten Schweinebauch aus dem Kühlschrank und lege ihn in eine Reine. Der Ofen ist auf 220 Grad Celsius vorgeheizt und ich schiebe das Teil hinein. Dazu werde ich Jasminreis und knackiges Wokgemüse servieren.

Durst Weine

Dorf, Spätburgunder 2011, Andreas Durst

In der Nase erst rauchig und verhalten. Etwas später, nach dem Karaffieren, springen mir dann fruchtige Walderdbeeren ins Gesicht. Der Wein hat Druck, Kraft und Frische zugleich und ist für 10 € ein absoluter Knaller. Das ist für mich ein asiatischer Schweinebauchwein!

Die Stimmung ist grandios, sowie diese Weine. Gegen halb drei schlägt der Partytourist aus Barcelona vor ins Berghain zu gehen. Auf dem Weg zum Taxi bekomme ich schon die erste Ladung Glitzer an die Wange geschmiert.

Der Dorfwein begleitet uns noch bis vor die Tür des Großstadtclubs….

Durst Weine

3 Kommentare

    • Carina auf 28. Oktober 2014 bei 15:38
    • Antworten

    Hört sich ganz wunderbar an. Vor allem der Spätburgunder und die Stimmund. Da wär ich gerne dabei gewesen.

    • kammerwein auf 28. Oktober 2014 bei 18:32
    • Antworten

    Unfassbar. Lange nicht mehr sowas Langweiliges gelesen.

    • Chris T. Gampe auf 29. Oktober 2014 bei 22:03
    • Antworten

    Ich würde gerne mehr über Sie erfahren, wenn Sie den Artikel als Unfassbar langweilig empfinden. Auf Ihren Kommentar bezogen würde ich diese Aussage allerdings unterschreiben.

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