Projekt Pitch Perfect – Ruwer Riesling Mikrokosmos

Projekt 156 Riesling Auslese 2006

Als ich vor nun mehr als zehn Jahren das erste mal ins Tal der Ruwer einbog, erwartete ich einen wirklichen Fluß – sowas wie die Saar, bloß vielleicht etwas schmächtiger. Als ich die Ruwer dann sah, war ich überrascht, dass ich diesen Wasserlauf an nahezu allen Stellen mit einem behertzten Anlauf hätte überspringen können. Ähnlich überschaubar war die Vielfalt der Weingüter dort: Grünhaus, Karthäuserhof, Beulwitz, bisschen Lorenzhof und das war es dann auch im großen und ganzen. Während an Mosel und Saar schon die Jungwinzer in nahezu bambushafter Geschwindigkeit auf der Bildfläche erschienen, glich die Entwicklung an der Ruwer eher einer Bonsai-Eiche.

Umso überraschter war ich, als ich vom „Projekt 156“ erfuhr. Hier hatten eine Handvoll Freunde mehr oder weniger aus einer Schnapsidee beschlossen, eine Parzelle im Mertesdorfer Herrenberg zu bewirtschaften. Die Katasternummer der Parzelle war hier die namensgebende Nummer 156. Der Weinberg liegt genau auf der, den Grünhäuser Weinbergen entgegen gelegenen Seite des Tals und die Aromatik der Weine entsprach immer einem ganz klar als ruwerisch erkennbaren Geschmacksbild mit Kräutern, Säure und kühler Frucht. Der überschaubaren Weinbergsgröße geschuldet, gab es jedes Jahr einen oder maximal zwei Weine. Je nach Jahrgang meist etwas zwischen einem Kabinett und einer Auslese. Mehr zu den Daten der Weine und der Geschichte des Projekts findet ihr auf der Webseite des Projekt 156. Hier im Weinkaiser-Blog hatte ich auch schon einmal die Weine beschrieben, die einer der am Projekt beteiligten Freunde in seinem Job als Betriebsleiter im Weingut Dr. H. Thanisch Erben Müller-Burggraef erzeugt.

Ich kam zunächst mit der 2007er Projekt-Spätlese in Kontakt, die mich kurz nach ihrer Abfüllung sofort in ihren Bann schlug, ein wirklich intensives, tief aromatisches, doch immer noch ruwertypisches Brett von einer Spätlese. Genau wie die 09er Spätlese ist dieser Wein momentan erst wieder dabei sich zu berappeln und zu wirklicher Form aufzulaufen.

Für die Weinrallye habe ich meine einzige Flasche der 2006er Auslese entkorkt und war vom Fleck weg begeistert. 2006 ist für mich momentan einer der aktuell trinkbaren Auslese-Jahrgängen. Die Winzer hatten damals nur ein sehr enges Zeitfenster um gesunde, edelfaule Trauben zu ernten. Die Mühe hat sich aber oft gelohnt und die erzeugten Süßweine sind von einer strahlenden, fruchtigen Opulenz, der man sich nur schlecht entziehen kann. So ist es auch bei dem Projektwein aus diesem Jahr, nur, dass hier mehr Kräutergarten und grüne, stachelbeerige Frucht im Glas ist. Der Wein wirkt immer noch so, als sei er am Anfang seiner Entwicklung und als wäre das maximale Genusspotential erst in ein paar Jahren erreicht. Aber auch jetzt ist der Genuß groß, und ich werde daran erinnert, dass ich unbedingt die aktuelleren Jahrgänge der Projektler probieren muss.

Das Projekt zeigt aber auch, dass es an der Ruwer auch abseits der „großen Zwei“ sehr spannende Lagen und Weine gibt. Ich würde mich freuen, wenn in Zukunft das Interesse an Ruwerweinen auch durch den VDP-Beitritt von Maximin Grünhaus zunähme. Es gibt dort noch viel zu entdecken!

2 Kommentare

  1. Hallo Marc,
    schöner Bericht. Ich war bis jetzt leider auch noch nicht an der Ruwer. Vielleicht kannst du mir für meinen nächsten Tripp ja mal ein paar gute Winzer empfehelen.

    Viele Grüße Thomas

      • Marc Herold auf 14. Mai 2016 bei 12:21
      • Antworten

      Hallo Thomas,

      leider komme ich erst jetzt zu den Tipps, neben den oben genannten Weingütern hat noch Kesselstatt und von Nell Besitzungen an der Ruwer. Aber Grünhaus und der Karthäuserhof sind schon die besten und konstantesten Güter. Wobei ich die letzten 2 Jahrgänge vom K-Hofberg eher mäßig fand. Beulwitz ist (auch grade bei den gereiften Weinen) ein kleiner Geheimtipp.

      Viel Spaß an der Ruwer

      Marc

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